TRUST ME IF YOU CAN – SO GEHT SELBSTVERTRAUEN
Bei einem Seminar höre ich die Teilnehmer in der Pause untereinander reden: „Also, ich bin noch skeptisch.“ „Ich finde, es ist grenzwertig.“ „Was glaubt der, wer er ist?“ Ich atme auf, bin beruhigt. Alles läuft nach Plan. Was andere Trainer nervös machen würde, bestärkt mich. Weil ich die Leute genau dort habe, wo ich sie brauche: Auf dem besten Weg, mir zu vertrauen.
Sie wissen es nur noch nicht. Wir kennen einander erst ein paar Stunden – in denen ich sie allerdings schon restlos schockiert habe mit meiner Art. Ab jetzt sind sie extra aufmerksam und kritisch bei jedem Wort, das von mir kommt. Und dann geht auf einmal alles wie von selbst. Und es geht wirklich um sie selbst. Aber nicht sie, ich erzähle ihnen etwas über sich.
Das muss ich, denn die Leute kennen sich selbst überhaupt nicht. Sie wissen nicht, was ihnen Spaß macht und können ihre eigenen Bedürfnisse nicht benennen. Sie brauchen mich, einen Externen, einen Fremden, der ihnen sagt, was für sie wichtig ist und was ihnen fehlt. Und die Teilnehmer sitzen da mit offenem Mund und nicken alles ab.
Ohne Selbstkenntnis kein Selbstvertrauen
Anfang der 1980er-Jahre hat der Psychologe Erwin Ringel in seinem Buch Die österreichische Seele beschrieben, wie Kinder zu Neurotikern werden. Die drei wichtigsten Erziehungsziele damals waren laut ihm Gehorsam, Höflichkeit und Sparsamkeit. Das Lebensglück von Kindern, ihre eigenen Motive und Wünsche, waren nicht relevant.
So wurden Persönlichkeiten gestrickt, die viel zu wenig über sich selbst wissen. Weil ihnen irgendwann im Leben das Gefühl zu sich „abgeschnitten“ wurde, im Elternhaus, in der Ausbildung oder sonst wo. Wer sich selbst gut kennt, kommt in und mit jedem System zurecht. Aber wer sich einem System mehr verpflichtet fühlt als seinem inneren Selbst, dem wird etwas Wesentliches fehlen: das Vertrauen zu sich!
Wie kommt Selbstvertrauen zustande?
Machen wir uns bewusst, was Vertrauen bedeutet: Wem traust du? Wem bist du treu? Wo, glaubst du, entsteht Vertrauen? Liegt der Ursprung im Außen, wo du es dir „verdienst“, indem du brav und gefällig bist? Kannst du es „verspielen“, wenn du dich anders verhältst? Das ist es, was unsere Gesellschaft generell unter Vertrauen versteht. Und das ist Schwachsinn. Vertrauen fängt in dir an, es gilt dir selbst.
Dementsprechend entsteht Selbstvertrauen:
1. Du kennst dich selbst
Du bist dir deines Selbst bewusst: Du weißt, wer du bist und was du kannst. Du weißt, was du brauchst und was nicht. Du hast also Selbstkenntnis über dich, inklusive deiner Grenzen. Das Wissen um deine Stärken, Begrenzungen und Schwächen macht dich selbstbewusst und hilft dir, deine eigenen Beweggründe, Erwartungen und Impulse zu verstehen und konsequent in Handlungen zu übersetzen.
2. Du erweist dir selbst die Treue
... indem du tust, was du sagst – nichts anderes.Ein Beispiel: Wenn du dir sagst, „Ich mache morgen früh mein Bett“, und du machst es wirklich, dann kannst du dir selbst vertrauen. Und zwar darauf, dass tatsächlich geschieht, was du dir vornimmst. Selbstvertrauen ist ein stetiger Prozess der Selbstbestätigung.
3. Du wirst selbstsicher
Je mehr gehaltene Versprechen an dich selbst du verbuchen kannst, umso stärker wird dein Selbstvertrauen – bis du dir sicher bist. Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, Selbstsicherheit, so geht die Reihenfolge. Erst dann kannst du neue Glaubenssätze formen, wie: „Ich schaffe das!“ Weil du es dir ja schon selbst bewiesen hast. Wie viele Vorhaben schaffst du mit Ansage?
Mach den Kalender-Test
Trage dir etwas in deinen Kalender ein: Sport machen, ein Buch lesen, ein Telefonat führen ... irgendeinen Termin mit dir selbst. Und dann „geh hin“! Du wirst beim Erledigen deinen Selbstvertrauensmuskel trainieren. Du wirst dir selber mehr ver- und zutrauen.
Wer sich jedoch selbst etwas sagt, aber dann doch nicht tut, ist buchstäblich ein „Ver-Sager“. Wenn du dir selbst nicht vertrauen kannst, wie soll es jemand anderes können?
Kein Selbstbetrug mehr
Was Ringel vor Jahrzehnten angeprangert hat, ist leider noch immer mein Alltag. Viele Erwachsene glauben nach wie vor, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse hintanstellen müssten. Sie sagen Ja, wo sie am liebsten Nein sagen würden; sie tun gewisse Dinge nur, um akzeptiert oder zumindest nicht kritisiert zu werden; oder sie unterlassen sie, damit andere sie mögen.
Und so vergessen oder verlernen die Menschen zu spüren, was ihnen entspricht. Sie betrügen sich um sich selbst! Darum wirkt es auf sie „grenzwertig“, wenn ich daherkomme und mich keinen Millimeter verstelle. „Herr Kutrzeba, Sie haben aber schon sehr viel Selbstvertrauen!“ „Na sicher, zum Glück habe ich das! Wenn ich es nicht hätte, wie sollten Sie mir denn jemals vertrauen?“
Meine Sicht ist für die Leute schräg. Doch am Ende der Veranstaltung ist jegliche Skepsis mir gegenüber verschwunden. Alle bedanken sich, rufen ihre Vorgesetzten an und sagen, es war das sinnvollste Training, in dem sie je waren.
Möchtest du auch etwas Sinnvolles für dich tun? Dann komm ins offene Training!